Gefundenes und Erzähltes

 

 

Da ich immer auf der Suche nach Informationen und Geschichten über Larissa und Thessalien bin, werde ich im Rahmen meiner Möglichkeiten immer wieder das eine oder andere  Fundstück hier vorstellen.

 

 

Kleine Geschichte zum Hause meines Urgroßvaters Anastasios Tsougenis in Gonnoi und seiner Bäckerei in Larissa.

 

Gonnoi zu Deutsch der kleine Hügel, ist eine Stadt am Fuße des Olymp, in der Nähe des Pinios Flußes (siehe weiter unten  Stahlstich des Tempe-Tal).Im zweitem Weltkrieg circa am 12. April 1941
marschierte die Deutsche Wehrmacht über den Paß von Kalipefki zunächst nach Gonnoi (welches damals noch ein Dorf war!) nach Larissa ein. Mein Urgoßvater und mein Großvater, betrieben in Larissa
eine Bäckerei (an der damaligen Volosstraße) heute Ecke Kirkis/ 28 Oktoberstraße. Diese hatte den Namen "deutsch-griechische Bäckerei -die Ehrlichkeit". Zu dem Namen kam es, da ein deutsch/griechischer Architekt (Herr Karanastasis) die Pläne seinerzeit zu der Bäckerei gemacht hatte.Wie so viele Larissäer floh auch mein Urgroßvater mit seiner Familie in ein Dorf, um sich zu verstecken, dieses Dorf war Gonnoi. Hintergrund war, dass von seinem Sohn der Schwiegervater dort ein Haus hatte und man so zu Verwandten fliehen konnte.Hintergrund war auch, dass man nicht wusste, was der Einmarsch in Larissa nach sich ziehen würde, vielleicht einen Häuserkampf oder schlimmeres.Mein Urgroßvater, der ein ehrlicher Mann war, nahm von 50 Säcken Mehl lediglich 10 Säcke Mehl mit, den Rest ließ er in der Bäckerei,damit die Larissäer überleben konnten.In Gonnoi kam die Familie Nachts an und hörte wie die deutsche Wehrmacht in das Dorf einmarschierte.Die Familien flüchteten kurzerhand in eine Bergschlucht, in der ein kleiner Wald war und meine Großmutter schimpfte. Da keiner ein Brot mitgenommen hatte, hatte man nichts zu Essen. Am nächsten Tag in der Früh hatte ihr Sohn Kostats (12 Jahre alt) das eigene Brot aus dem eigenem Haus organisiert. Plötzlich gab es ein großes Problem, ausgerechnet unser Haus wurde beschlagnahmt und von der Kommandatur, von Gonnoi entfremdet und als Stützpunkt erkoren. Dem kleinem Kostas blieb nichts anderes übrig als über die Hausmauer zu klettern und das Brot dort zu stehlen.Anbei sieht man links das alte Haus, heute noch sind die die Einschüsse der Partisanen am Haus sichtbar. Leider ist es baufällig und wird wahrscheinlich bald abgerissen.

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Inzwischen waren die Deutschen auch in Larissa einmarschiert und bemerkten die Bäckerei meines Urgroßvaters mit dem eigentümlichen Namen "deutsch-griechische Bäckerei -die Ehrlichkeit" und beschlagnahmten zugleich die Bäckerei. Nachdem meine Familie mitbekommen hatte, das keine Gefahr drohte, ging sie zurück nach Larissa und arbeiteten in der Bäckerei zusammen mit deutschen Soldaten. Einer der Soldaten mit Name Huber, freundete sich mit meinem Großvater an und half mit einem Militärlastwagen, die benötitgten Möbel etc. von Gonnoi nach Larissa zu schaffen.
Um Larissa herum, damit man die Flucht der Larissäer verstehen kann, war ein Ring voller Leichen - toter englischer Soldaten.
Zum Abschluss sei gesagt, dass die Bäckerei florierte, man muss aber auch erwähnen, das tagsüber für die Wehrmacht gearbeitet wurde und nachts gezwungenermassen (circa 20 %) für die Partisanen.
Vielleicht gab es ein stilles Einverständniss des deutschen Kommandanten mit den Partisanen, denn diese hätten wahrscheinlich die Bäckerei in die Luft gesprengt.
Auch wurde heimlich ein Teil des Brotes an Flüchtlingfamilien verschenkt, was zur Folge hatte, dass die Menschen überleben konnten und der Familie auch heute noch sehr dankbar sind.
In jüngerer Zeit machten wir mit deutschen Verwandten einen Ausflug nach Ambelakia und speisten in einer Gaststätte zur Linken wen man in das Dorf kommt. Als wir mit dem Essen fertig waren,
begrüßte uns der Wirt der Gaststätte und lud uns zum Essen ein. Hintergund war, er war eine jener Flüchtlingfamilien mit Frau und drei Kindern und "so seine eigenen Worte" ohne diesem Brot, hätte
die Familie nicht überleben können.
Gegen Ende des Krieges beschuldigte die griechische SS (genannt SSAD = griechische Koloborateure) den jüngsten Sohn meines Urgroßvaters, das er die Tochter eines SSAD Offizeirs entführt hätte.
Der Grund für diese Lüge war, man wollte meinen Urgroßvater enteignen um so in den Besitz der Bäckerei zu kommen. Dieser Sohn war jedoch schon längst bei den Partisanen in den Bergen als Verwalter tätig und dies zwang unsere Familie, wieder, dieses Mal in die Kleinstatd AGIA zu flüchten und mussten dort (vom Regen in die Traufe gekommen) für die Partisanen am Hauptplatz von AGIA (circa 30 km von Larissa) in der dort ansässigen Bäckerei-Kardaras arbeiten.
Zur Information AGIA (ist eine Kleinstadt circa 30 km Richtung Agiokambos - daher der Name Agiokambos ) war während des gesammten Krieges "freies Griechenland" und Partisanenhochburg. Obwohl ein Sohn meines Urgroßvaters mit einem der in Larissa stationierten Kommandaten befreundet war, mussten Sie vor der SS flüchten.
Dieser Sohn spielte in einer Theatergruppe mit und benutzte dieses Wandertheater, um jüdische Flüchtlinge und englische Piloten, die Notlanden mussten , als Griechen verkleidet von Volos aus
nach Kleinasien oder Ägypten zu schleussen und schaffte Ihnen somit einen Weg zur Freiheit und rettete ihnen somit das Leben.

Mein Großvater "Efstratios Tsougenis" wurde 95 Jahre alt und selbst bei seiner Beerdigung sind viele -mir natürlich unbekannte- Leute auf uns zugekommen und bedankten sich, es waren alles noch Lebende und Nachkommen der Flüchtlingsfamilien.

Brot ist  für mich auch heute noch, mehr als nur ein Nahrungsmittel.

Anastasios - Efstratious- Tsougenis


Die Kirche Agios Konstantinos

Diese Kirche ist eine schöne neuere Kirche die im 20 Jahr. aus gespendeten Mitteln gebaut wurde.Viele Menschen waren damals der alten Gebäude überdrüssig und wie es der damalige Zeitgeist so wollte, ein jeder wollte modern sein! So ist es nicht verwunderlich zu erfahren, dass exakt an jener Stelle sich eine uralte sehr gut erhaltenen Kirche mit doppelter Mauer befand. Doppelter Mauer deswegen, damit die Heiden, die noch keine Christen waren, nicht ganz in die Kirche rein konnten.(Alles wollte verdient sein, erst die Taufe, dann das Recht sich im Inneren der Kirche aufzuhalten!) Es ist eigentlich eine Schande, dass jene Kirche abgerissen wurde wie so vieles in Larissa, um modern zu sein. Mittlerweile langsam aber hoffentlich stetig, schätzt man seine alten Gemäuer allen voran das Antike Theater, da man erkannt hat, dass der Reisende nur dann kommt und Geld hinterlässt, wenn er auch etwas an Kultur mitnehmen kann. 


Bräuche am Rosenmontag und der Tumpa Hügel von Larissa

Am Stadtrand von Larissa in etwa bei der alten Straße nach Volos, befindet sich der sogenannte Tumpa Hügel. Dieser Hügel ist nur den alten Larissäern noch ein Begriff. Bis nach dem Krieg war es in Larissa der Brauch, dass man an jedem Rosenmontag (warum war eigentlich keinem bewusst) zu diesem Hügel, genannt Tumpa, zum Picknicken, Spazierengehen und Flanieren sich begab. Man machte irgendwie etwas unsichtbarem seine Auffwartung unter dem Aspekt, dort die Natur zu genießen.Tumpa = lat. Tomba bedeutet Grab und meiner Meinung nach muss hier ein sehr alter Brauch überlebt haben.Vielleicht gab es zu Urzeiten dort ein Königsgrab, das man an diesem Tag immer wieder besuchte und wer weiß schon wie huldigte.Wenigen ist es bekannt, dass dort wo heute Häuser stehen, unmittelbar am altem Stadtrand alte Gräber waren ganz in der Nähe des Tumpa. Ebenfalls am Rosenmontag  wurde in den Bäckereien ein flaches Sesambrot (Fladenbrot) gebacken und verzehrt, aber nur an diesem Tag, auch hier ist keinem mehr der Ursprung des Brauches mehr bekannt. Es soll diesen Hügel heute immer noch geben, umbaut bzw. umgeben von Neubauten und Gebäuden.Ich selber konnte ihn leider nicht mehr ausmachen. Diese Bräuche gingen in den letzten 40 Jahren verloren, mit daran Schuld an dieser Veränderung ist der gewaltige Zustrom der Bauern aus der Umgebung.Gab es früher gerade einmal 25.000 Larissäer, so wuchs die Stadt heute bis auf (siehe www.wikipedia.de) 126.076 Einwohner (Stand :2001). Die Dunkelziffer dürfte sogar noch höher sein. All diese Bauern kauften sich Wohnungen und  brachten natürlich ihre eigenen Bräuche mit, so dass die ursprünglichen Bräuche verlorengingen.     


Die Geschichte der  Lais von Hykkara

Lais, geboren in Hykkara, dem heutigem Carini auf Sizilien, wurde durch den griechischen Heerführer Nikias nach Korinth verschleppt. Sie war eine Frau von besonders schönem Aussehen
und war eine der ersten  Hetären  die nicht nur durch  ihre Schönheit auffiel und den enormen  Preisen für ihre Liebesdienste, (von Demosthenes soll sie 10.000 Drachmen verlangt haben), sondern auch 
wegen ihrer Konversation und ihres Charmes.Von Korinth zog sie eine zeitlang nach Athen und gelangweilt dort (!!!) zog  sie nach Thessalien, nach Larissa und wurde dort nach einigen Jahren von einer Gruppe Frauen, die sich gegen sie verschworen hatten, in einem Aphroditetempel um 340 v. Chr. ermordet. Ihr Grab soll sich am Pinios Fluß befunden haben.

Anm.:
Dies belegt wieder einmal, dass Larissa, was das Feiern und anscheinend auch das Leben allgemein im Altertum betrifft, seinen mächtigen Schwesterstädten Korinth und Athen weit voraus gewesen sein muss.Wie sonst ist es zu erklären, dass Lais und wie bekanntermaßen übrigens auch auch Hippokrates, sich hier bis zu ihrem Tod niederließen. Zum anderen zeugt es auch vom Selbstverständnis (heute sagt man wohl Emanzipation) der thessalischen Frauen, die sich anscheinend von ihren Männern nicht alles gefallen ließen. 

Das Tempe-Tal um die 1830-1840

Angeregt durch den Bericht der Morgenländische Fahrt  bin ich auf Bildersuche gegangen  und  bei einem allzu bekanntem Aktionshaus, dessen Name hier nicht erwähnt werden soll, gelandet. Zu meiner Überraschung  wurde dort  ein Stahlstich des Tempe-Tales aus der Zeit 1830-1840 angeboten. Da ich das Motiv recht reizvoll fand und es aus dieser Zeit keine Aufnahmen gibt, ersteigerte ich dieses Kleinod nach langem Überlegen und möchte es dem Leser nicht vorenthalten.

Tempe Tal Stich
  

So in etwa musste  der Graf István Széchenyi  das Tempe-Tal  vorgefunden haben .

Die Burg, welche im Hintergrund zu sehen, kann von Ambelakia aus zu Fuß erreicht werden, wobei die Wanderung schon ein wenig anstregend ist. Leider sind nur noch Mauerreste und einige kleine Ruinen übrig. Schön jedoch, wenn man solche Details in einem Stich oder Gemälde wieder findet.


Morgenländische Fahrt 1818-1819

In der Tat , man wird doch immer wieder einmal fündig und siehe da, das Internet gibt manchesmal auch etwas preis. Beim Stöbern mit der Suchmaschine fand ich folgenden Reisebericht - über den Ungarn : Graf István Széchenyi (1791-1860)

Der Bericht lautet : Morgenländische Fahrt 1818-1819 

Grav Istvan

Was hat eine Larissa/Thessalien-Seite damit  gemein.,wird sich so manch einer fragen. Der Bericht ist abgesehen davon, dass er in einer Zeit spielt in der Reisen noch mehr als ein Abenteuer war, sehr aufschlußreich, wie Griechenland in der Zeit 1818-1819 - entgegen aller schöngeistigen Vorstellungen war. Zum anderen wird auch die Gegend und die Menschen ect. in Larissa und Thessalien beschrieben und deswegen wird es auch hier aufgenommen.

Wer Lust hat den Bericht zu lesen hierzu die Internetadresse :     Morgenländische Fahrt 1818-1819  [klick mich]


Der Salambria Fluß und dessen altrömische Brücke.

Als Gabe unter dem Weihnachtsbaum (2004) lag das Buch "Das wiederendteckte Griechenland" von Maria Tsigakou schöne Geschichten des vorigen Jahrhunderts in Gemälden und Geschichten sprich Reiseberichten. Hier bin ich auf ein Gemälde von Joseph Cartwright aufmerksam geworden: "Ansicht von Larissa mit dem Peneois, 1820".

Etwas verwundert über die Brücke im Hintergrund - welche es heute nicht mehr gibt, fing ich an mich zu informieren und habe Folgendes in Erfahrung gebracht: Im Hintergrund sieht man eine alte römische Brücke welche 2000 Jahre alt war, die Besonderheit der Brücke war neben ihrem Alter das sie über 16 Bögen ging. In Maria Tsigakou's Buch steht : Der Fluß Peneios wurde lange Zeit Salambria genannt und nicht selten waren die Reisenden von den Karawanen überascht, welche regelmäßig nach Norden aufbrachen......der Fluß versorgte in früheren Zeiten die Bewohner reichlich mit Fisch. Der Name Salambria war mir selber nicht bekannt und hat seinen Ursprung wohl in dem lateinischen !

Zurück zur Brücke welche man bis vor dem zweiten Weltkrieg noch besichtigen und benutzen konnte - viele gebildete deutsche Reisende fragten bei meinem Ur-Großvater, welcher die deutsch- griechische Bäckerei "Zur Ehrlichkeit" - Ecke Volos/Kirkisstraße hatte, nach dieser Brücke.